Buchvorstellung: Marc Lewis – The Biology of Desire

The Biology of Desire (was man als „Die Biologie des Verlangens“ übersetzen könnte) ist ein Buch des Neurowissenschaftlers Marc Lewis. Der Autor ist aber nicht nur beruflich am Thema Sucht interessiert, er hat auch praktische Erfahrung mit dem Thema. Bereits vorher schrieb er mit Memoirs of an Addicted Brain ein Buch über den Umgang mit seiner eigenen Drogensucht. In The Biology of Desire geht es nicht um Pornosucht, auch wenn der Begriff an zwei oder drei Stellen stichwortartig erwähnt wird. Es geht vielmehr um Sucht allgemein, unabhängig von der Substanz oder des Verhaltens dahinter.

The Biology of Desire von Marc Lewis

Ist Sucht eine Krankheit?

Die rote Linie des Buches ist die Frage, ob Sucht wirklich eine Krankheit ist oder die Betroffenen einfach völlig rational die Wahl haben, ob sie der Sucht nachgehen oder nicht. Die Antwort des Autors ist: Weder noch. Er sieht Schwächen sowohl im Krankheits- als auch im Wahl-Argument und begründet das meiner Meinung nach auch gut. Für Lewis ist Sucht Selbstmedikation. Süchtige sehen in der Substanz oder dem Verhalten ihrer Wahl eine „Lösung“ (wenn auch eine schlechte) für Probleme wie Stress, Einsamkeit oder Druck. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass das für mich definitiv zutrifft. Während es als reine Neugier begann, benutzte ich Pornografie mit der Zeit immer mehr in Zeiten von emotionaler Überforderung.

Marc Lewis ist wie gesagt Neurowissenschaftler und versucht in diesem Buch zu erklären, was sich im Gehirn abspielt, wenn ein Mensch süchtig wird und wie sich die Gehirnstruktur verändert, wenn sich die Angewohnheit zu einer Sucht entwickelt. Dies beschreibt er aber nicht in einer trockenen Lehrbuch-Form, sondern anhand von realen Beispielen. Lewis hat für dieses Buch mit einigen Menschen mit Suchtproblemen gesprochen und sich fünf davon herausgesucht, um deren Geschichten zu erzählen und dabei eine Linie zu ziehen zwischen praktischer Erfahrung und neurobiologischen Erkenntnissen.

Eine Umgebungsänderung kann hilfreich sein

Dies ist ihm meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Er macht, vor allem im hinteren Teil des Buches, auch Hoffnung, denn die meisten Süchtigen entwickeln sich im Laufe ihres Lebens weiter und lernen, ohne ihre Droge auszukommen. Als Beispiel nennt er z.B. Soldaten der US-Streitkräfte während des Vietnamkriegs. Viele von ihnen wurden dort Heroinsüchtig, aber der Großteil konnte die Sucht nach der Rückkehr in die Heimat hinter sich lassen. Eine einfache Änderung der Umgebung und das Ende der (teilweise sicher sehr traumatischen) Erfahrungen bewirkte bereits eine große Änderung.

Nach Meinung des Autors ist es wichtig, sich mit den Gründen der Sucht, und damit mit der eigenen Vergangenheit, auseinanderzusetzen und die Probleme und Emotionen zu identifizieren, die dazu geführt haben. Außerdem benötigt man eine positive Vision für die Zukunft, auf die man das eigene Verlangen lenken kann. Lewis hätte meiner Meinung nach ruhig noch etwas ausführlicher auf diesen „Lösungs“-Teil eingehen können, aber vielleicht passiert das ja irgendwann in einem dritten Buch.

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