Spanische Regierung warnt Jugendliche vor Pornokonsum

Heute habe ich auf der Startseite von YourBrainOnPorn gesehen, dass die spanische Regierung ein Plakat herausgebracht hat, in dem sie Jugendliche vor den negativen Folgen von Pornografie warnt. Das ist bemerkenswert, da das Thema bis heute eigentlich noch nie wirklich in der breiten Öffentlichkeit angekommen ist.

Das Plakat kann man sich hier anschauen, es ist aber natürlich auf spanisch.

Ich habe mir mal erlaubt, die zehn Punkte stichpunktartig zu übersetzen und meinen Senf dazuzugeben.

1.) Erzeugt unrealistische Erwartungen und falsche Vorstellungen über Sexualität

Dieser Punkt ist vor allem für Jugendliche sehr wichtig, die meistens mit Internetpornografie in Berührung kommen, bevor sie erste intime Erfahrungen im echten Leben sammeln. Die Pornoindustrie ist damit sozusagen für die „Aufklärung“ der Jugendlichen verantwortlich, und es ist eine sehr schlechte Aufklärung.

Man muss sich klar machen, dass es sich in Pornos um Schauspieler handelt, die ein bestimmtes (in der Regel sehr schlechtes) Skript abarbeiten. Das Skript ist so geschrieben, dass möglichst viele Nutzer wieder kommen und möglichst süchtig nach den Filmen werden, und nicht dafür, dass die Nutzer dabei etwas über das echte Leben lernen.

Vor allem die Darstellerinnen sind oft vollgepumpt mit Drogen, Alkohol oder Schmerzmitteln, um gegebenenfalls Schmerzen und Erniedrigung zu dämpfen. Was auf den Bildschirmen gezeigt wird, ist einfach unrealistisch und niemand sollte dazu angeregt werden, es nachzumachen.

2.) Normalisiert sexuelle Gewalt

Das folgt im Prinzip direkt aus Punkt 1. Da es in einigen Pornos ziemlich gewalttätig und erniedrigend zugeht, kann sich für Jugendliche ohne eigene Erfahrung der Eindruck vermitteln, dass das normal ist. Auch hier sei noch einmal daran erinnert, dass die Darstellerinnen und manchmal auch die Darsteller oft unter Drogen stehen, um das Erlebte irgendwie auszuhalten.

Wenn Jugendliche den Eindruck haben, dass Gewalt beim Sex bis hin zur Vergewaltigung normal sind, wird sich das leider auch auf die Realität auswirken. Der oft wiederholte Behauptung der Pornoindustrie, dass Pornos die Anzahl der Vergewaltigungen sinken lassen, ist übrigens ein Mythos. Matt Fradd hat dies in seinem Buch The Porn Myth gut beschrieben. Vielleicht werde ich in Zukunft auch noch gesondert auf dieses Thema eingehen.

3.) Erhöht riskantes Sexualverhalten

Hiermit ist unter anderem gemeint, dass ungeschützter Geschlechtsverkehr oder riskante Sexpraktiken nachgeahmt werden können, die man auf dem Bildschirm gesehen hat. Das kann aber natürlich gefährlich werden. Auch dies folgt unmittelbar aus Punkt 1.

4.) Mangelnde Privatsphäre im Internet

Dieser Punkt gilt zugegebenermaßen nicht nur für Seiten mit pornografischen Inhalten. Aber hier gilt er besonders stark. Dieser Punkt wurde auch von Matt Fradd in seinem Buch The Porn Myth erwähnt. Es ging dabei im den Mythos, dass Pornografie im Internet meistens kostenlos ist.

Was Geld betrifft, stimmt das auch. Allerdings bezahlt man mit seinen Daten. Die großen Seiten nutzen die Daten und das Nutzerverhalten, um ihre Produkte noch attraktiver zu gestalten. Das heißt, dass die Seiten noch mehr zu Suchtverhalten anregen. Gerade Kinder und Jugendliche sollten vorsichtig sein, an wen sie ihre Daten im Internet senden.

5.) Beeinflusst die sexuelle Befriedigung

Hierunter fallen unter anderem Erektionsstörungen wie PIED oder Delayed Ejaculation (Unfähigkeit, mit einer Partnerin zum Orgasmus zu gelangen).

Zudem kommt es oft zu einer Toleranzentwicklung. Aufgrund der Reizüberflutung durch Internetpornografie (Coolidge-Effekt) kann die Realität nicht mehr mithalten und manche Betroffene verlieren das Interesse an einer echten Partnerin.

6.) Kann zu Beziehungsproblemen führen

Hier gilt ebenfalls das, was ich unter Punkt 5 geschrieben habe. Hinzu kommt, dass manche Pornosüchtige riskante oder erniedrigende Dinge ausprobieren wollen, die sie im Internet gesehen haben.

Wenn in Pornos Promiskuität (häufig wechselnde Sexualpartner) als normal dargestellt wird, kann sich das natürlich ebenfalls negativ auf eine Beziehung auswirken.

7.) Kann zu verstärkter Einsamkeit bei Jugendlichen führen

Es gab schon einige Studien, die einen Zusammenhang von Einsamkeit mit Pornokonsum, Internetsucht oder Smartphone-Nutzung festgestellt haben. Diese findet man beispielsweise, indem man bei YBOP nach Loneliness sucht.

Hier kann im schlimmsten Fall ein Teufelskreislauf entstehen, wenn Pornosucht zu mehr Einsamkeit führt und Einsamkeit einer der Gründe für den vermehrten Pornokonsum ist.

8.) Beeinträchtigung neurobiologischer Eigenschaften (Gehirnstruktur)

Übermäßiger Pornokonsum kann einige Änderungen der Gehirnstruktur verursachen. Die drei wichtigsten sind hier Sensitivierung, Desensitivierung/Toleranz und Hypofrontality. Auf diese Begriffe bin ich im Artikel Was ist Pornosucht? unter der Überschrift 3 Anzeichen für Suchtprobleme näher eingegangen.

Dass sich die Gehirnstruktur ändert, ist erst einmal normal. Das macht sie ständig, wenn wir etwas Neues lernen und neue Erfahrungen sammeln. Hypofrontality beispielsweise ist aber mit verringerter Impulskontrolle assoziiert und kann daher negative Auswirkungen haben.

9.) Beeinflusst akademische und schulische Leistungen

Dieser Punkt traf definitiv auf mich zu, als ich diesem Alter war und noch in die Schule gegangen bin. Viele Betroffene in Internetforen machten ebenfalls diese Erfahrung.

Hierfür gibt es mehrere mögliche Gründe. Zum einen haben Schüler oder Studenten natürlich weniger Zeit zu lernen und sich auf Prüfungen vorzubereiten, wenn sie stundenlang Pornos schauen.

Außerdem kann die Motivation für andere Dinge im Laufe der Zeit stark sinken, wozu auch die Schule zählt. Die Motivation für die Schule ist bei vielen Schülern sowieso schon nicht besonders hoch, zumindest nach der Grundschule. Wenn man dann noch weniger Lust hat, sinkt die Motivation fast auf Null.

Pornokonsum wirkt sich aber auch negativ auf das Gedächtnis aus, genauer gesagt auf das Kurzzeitgedächtnis. Das Kurzzeitgedächtnis speichert kurzfristig gerade erst aufgenommene Informationen, die dann unter Umständen ins Arbeitsgedächtnis übernommen werden.

Bei der Übertragung von Informationen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis spielt eine Gehirnregion namens Hippocampus eine zentrale Rolle. Depressionen und Stress (beides kommt bei Pornosucht häufig vor) wirken sich negativ auf den Hippocampus aus.

10.) Kann süchtig machen

Auch darauf bin ich im oben verlinkten Artikel zu den Grundlagen der Pornosucht näher eingegangen.

Fazit

Es ist schön zu sehen, dass das Problem des Pornokonsums besonders unter Kindern und Jugendlichen, zumindest in Spanien, von höheren Stellen als Problem erkannt wurde. Erst wenn etwas als Problem bekannt ist, kann man etwas dagegen unternehmen. Die negativen Folgen von Internetpornografie auf Kinder und Jugendliche lassen sich einfach nicht mehr leugnen.

Was mir an diesem Plakat gut gefällt, ist, dass es nicht einfach „Pornos sind böse“ sagt und es dabei belässt. Gerade Jugendliche werden durch unbegründete Verbote oftmals eher noch mehr dazu motiviert, die Sache dann auszuprobieren. Früher hat man Kindern teilweise erzählt, dass Masturbation blind macht oder man dafür in die Hölle kommt. Wenn man sich die heutige Zeit anschaut, sieht man, wie „erfolgreich“ diese Horrorgeschichten waren.

Stattdessen werden hier Punkte herausgesucht, die man gut begründen kann und die in Studien teilweise belegt wurden. Es gibt keinen erhobenen Zeigefinger mit einem „Du sollst keine Pornos schauen, weil wir das so sagen“, sondern eher ein „Hier sind ein paar Gründe, warum Pornos nicht so toll sind, wie du vielleicht gedacht hast“. Letzteres ist meiner Ansicht nach deutlich besser.

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