Ein anderes Ende: positive Vision statt Pornosucht

Wer ein Verlangen nach Pornografie oder sonstigen potenziell schädlichen Dingen verspürt, für den fühlt sich das, was danach abläuft, manchmal wie ein Automatismus an. Oder aber wir malen uns aus, welche neuen Filme oder Bilder wir im Internet finden können und was wir verpassen würden, wenn wir nicht danach suchten. Wir stellen uns also sozusagen die „positiven“ Folgen von Pornos vor – auch wenn wir uns dann hinterher schlecht fühlen. Bei dieser Technik hier machen wir das Gegenteil: Wir stellen uns die wirklich positiven Folgen vor, wenn wir nicht rückfällig werden und visualisieren damit quasi ein alternatives Ende.

Diese Technik habe ich mir nicht selbst ausgedacht. Ich bin in den letzten Monaten durch zwei Quellen darauf aufmerksam geworden. Einmal durch Matt Fradd’s Buch The Porn Myth und einmal durch das kostenlose E-Book 10 Tools to Conquer Cravings von nomoredesire.com. Beide kann ich nur empfehlen.

Mann visualisiert anderes Ende statt Pornosucht
Statt Pornos zu schauen, kann man versuchen, ein anderes Ende zu visualisieren | @Freepik

Warum ein anderes Ende vorstellen?

Wie in der Einleitung beschrieben, geht vor einem Rückfall einiges im Kopf des Betroffenen vor. Zwar sind uns die negativen Folgen bewusst, allerdings sind negative Folgen oft ein schlechter Motivator. Stattdessen stellt man sich eher vor, wie gut sich der Dopaminschub anfühlt und dass es sehr viel Neues zu entdecken gibt.

Auch anschließend geht einiges im Kopf vor – zumindest war das bei mir immer so. Nachdem ich mich zum ersten Mal mit dem Thema Pornosucht auseinandergesetzt hatte und danach trotzdem rückfällig wurde, hatte ich immer viele negative Gedanken und Schamgefühle. Ich dachte mir dann beispielsweise „Warum bin ich so dumm? Ich weiß doch wie schlecht ich mich danach fühle“ oder „Schon wieder drei Stunden mit PMO vergeudet. Was hätte ich stattdessen in der Zeit alles machen können?“

Hier gehen wir anders an die Sache heran und stellen uns bereits vorher ein alternatives Ende vor. Ein Ende, bei dem man keine Scham- und Schuldgefühle verspürt, sondern das Gegenteil. Ich frage mich dann nicht mehr hinterher, warum ich so viel Zeit vergeudet habe, sondern vorher, womit ich meine Zeit stattdessen verbringen kann und wie gut ich mich damit am Ende des Tages fühlen werde. Warum das wichtig ist, sehen wir im nächsten Abschnitt.

Andere Gehirn-Regionen werden aktiviert

Im Artikel Was ist Pornosucht? bin ich näher darauf eingegangen, was sich bei Suchtverhalten im Gehirn abspielt und was Anzeichen für Pornosucht und andere Süchte (Alkohol, Drogen, Spielsucht etc.) sind. Eines dieser Anzeichen war Hypofrontality.

Wir können unser Gehirn in mehrere Bereiche einteilen. Zwei davon sind das Mittelhirn und der Neokortex. Das Mittelhirn ist unter anderem für Instinkte, Angewohnheiten etc. zuständig. Grob umschrieben könnten wir sagen, dass das Mittelhirn uns sagt „Iss dieses Stück Kuchen“ oder „Schau Pornos“. Dann gibt es den Neokortex, zu dem unter anderem der präfrontale Kortex gehört. Diese Gehirnregion macht uns Menschen und unsere Persönlichkeit aus und sie hat jede Menge interessante Eigenschaften. Für uns besonders interessant sind die folgenden Funktionen des präfrontalen Kortex. Er hilft uns dabei …

  • Dinge für die Zukunft zu planen
  • (negative) Konsequenzen vorherzusehen
  • unsere Konzentration auf verschiedene Dinge zu lenken
  • Willenskraft auszuüben
  • rationale Entscheidungen zu treffen
  • unsere Impulse zu kontrollieren

Wenn Pornosüchtige ein Verlangen empfinden und sich die Gelegenheit ergibt, Pornos zu schauen, findet sozusagen ein Kampf zwischen dem Mittelhirn und dem präfrontalen Kortex statt. Das Mittelhirn will Pornos schauen, der präfrontale Kortex will uns davon abhalten. Bei Hypofrontality behält das Mittelhirn oftmals oder zumindest manchmal die Oberhand.

Stelle ich mir in dieser Situation allerdings ein alternatives Ende vor, aktiviere ich den präfrontalen Kortex. Wie oben gesehen ist er für Planung, das Vorhersehen von Konsequenzen und rationale Entscheidungen zuständig. Wenn ich diese Gehirnregion aktiviere, hilft mir das, die Realität nach einem Rückfall vorherzusehen und es daher gar nicht erst zu einem Rückfall kommen zu lassen.

Was stelle ich mir vor?

Was man sich in einer solchen Situation vorstellt, ist natürlich von Person zu Person unterschiedlich und kommt auf die eigenen Vorlieben an. Ich würde dazu raten, realistisch zu bleiben und nicht zu weit in die Zukunft zu gehen.

Wenn ich mir vorstelle, dass ich bald Millionär sein werde, falls ich jetzt pornofrei bleibe, mag das für mein Gehirn nicht besonders realistisch sein. Klar wird sich bei uns allen das Leben zum Positiven wenden, wenn wir keine Pornos mehr schauen, aber das Maximum zu erwarten ist eben oft weit weg und daher in der Gegenwart eher unrealistisch.

Stattdessen kann ich mir vorstellen, wie gut ich mich am selben Abend fühlen werde, wenn ich pornofrei geblieben bin. Ich kann mir vorstellen, wie viel Zeit ich gespart habe, was ich stattdessen alles erreicht habe. Wenn ich beispielsweise eine Freundin oder Frau habe, kann ich mir vorstellen, wie ich ihr Abends mit einem guten Gefühl und ohne Schamgefühle in die Augen schauen kann.

Längerfristige Visionen sind natürlich auch wichtig. Darauf bin ich im Artikel Pornosucht Besiegen – Aber wie? Sowie in meinem Buch Pornosucht Besiegen näher eingegangen. Es geht darum, dass man nicht nur wissen muss, wovon man weg will (Pornosucht), sondern auch, wohin man will (alternative Lebensvision). Bei dieser Technik hier würde ich aber eher eine kurzfristige Vision wählen.

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