Wer sich beispielsweise im Internet zum Thema Pornosucht oder Suchtproblemen allgemein informiert, stößt dort häufig auf den Begriff Dopamin. Dieser Stoff wird auch gerne als „Glückshormon“ bezeichnet. Wie wir weiter unten sehen werden, ist diese Charakterisierung aber nicht ganz richtig.
Auch sind seit ein paar Jahren Begriffe wie „Dopamin-Fasten“ im Trend. Man könnte also fast den Eindruck bekommen, dass dieser Neurotransmitter etwas Schlechtes ist. Das wäre aber eher ein Fall von Täter-Opfer-Umkehr.
Aufgrund all dieser Informationen wollte ich in diesem Artikel aus meiner Sicht darlegen, welche Rolle Dopamin allgemein und im Speziellen bei Suchtproblemen spielt.
Was ist Dopamin?
Eine exakte Beschreibung würde hier viel zu weit gehen. Und da ich auch selbst weder Chemiker noch Biologe noch Neurowissenschaftler bin, wäre ich dazu auch gar nicht in der Lage. Daher hier nur eine kurze und hoffentlich verständliche Zusammenfassung.
Bei Dopamin handelt es sich um einen Neurotransmitter. Solche Neurotransmitter werden in Nervenzellen produziert und an andere Nervenzellen gesendet. Die aufnehmenden Zellen haben dafür sogenannte Rezeptoren. Im Falle von Dopamin unterscheidet man beispielsweise fünf solcher Rezeptoren, die mit D1 bis D5 bezeichnet werden. Grob gesagt sind Neurotransmitter also Botenstoffe, mit denen Nervenzellen untereinander kommunizieren.
Ein solcher Neurotransmitter ist Dopamin. Es ist unter anderem dafür zuständig, dass wir motiviert sind, etwas zu tun. Wenn man beispielsweise einer Ratte ihr Dopaminsystem entzieht, so dass der Neurotransmitter keinen Einfluss mehr auf sie hat, hat die Ratte keinerlei Motivation mehr, sich beispielsweise Nahrung zu beschaffen. Wenn man ihr nicht Nahrung direkt in den Mund legt, verhungert sie. Liegt die Nahrung etwas weiter weg, aber im Sichtfeld der Ratte, geht sie trotzdem nicht hin und nimmt sich die Nahrung. Sie verhungert, obwohl die Lösung ganz nahe ist.
Ist Dopamin das „Glückshormon“?
Dopamin wird umgangssprachlich gerne als „Glückshormon“ bezeichnet. Der Gedanke dahinter ist, dass Dopamin für das Glücksgefühl sorgt, welches sich einstellt, wenn man etwas Schönes erlebt (oder weniger schöne Dinge, bei denen Dopamin aber trotzdem eine wichtige Rolle spielt). Das ist allerdings nicht ganz richtig.
Dopamin wird ausgeschüttet, bevor man diese Sache (welche auch immer es ist) macht. Im Falle von Pornonutzern wird also Dopamin ausgeschüttet, bevor man sich an den PC setzt und eine Pornoseite öffnet. Es ist gerade die Motivation dafür. Oftmals geschieht das, nachdem man von etwas getriggert wurde. Dopamin steigt in Antizipation an das, was danach kommt. Die Begriffe Motivations- oder Antizipationshormon wären also besser geeignet als Glückshormon.
Das obige Bild ist natürlich nur ein Beispiel und entstammt keiner wissenschaftlichen Studie oder ähnlichem. Es zeigt aber, dass die Dopaminausschüttung beginnt, bevor der PMO-Akt begonnen hat. Währenddessen bleiben die Level dann oben, bis es zum Orgasmus kommt. Beim Orgasmus wird Prolaktin ausgeschüttet. Prolaktin ist ein Antagonist von Dopamin, d.h. wenn das eine steigt, fällt das andere. Pornosüchtige wenden oft eine Strategie namens Edging an. Hier masturbiert man zu Pornos, aber der Orgasmus wird so lange wie möglich herausgezögert, indem man immer kurz vorher aufhört und eine Pause macht.
Welche Rolle spielt Dopamin bei Suchtproblemen?
Einige Dopaminrezeptoren befinden sich in der Gehirnregion mit dem Namen Nucleus accumbens. Dieser Bereich ist Teil des sogenannten Belohnungssystems des Gehirns. Das Belohnungssystem konditioniert uns dazu, Dinge zu wiederholen, die Dopaminausschüttungen verursachen. Dazu gehören vollkommen natürliche Dinge wie Essen oder Fortpflanzung. Wir haben oben gesehen, dass eine Ratte aufhört zu essen, wenn Dopamin keinen Einfluss mehr auf sie hat. Das Belohnungssystem des Gehirns ist also überlebensnotwendig für uns.
Harte Drogen wie Kokain oder vor allem Crystal Meth bewirken unnatürlich hohe Dopaminausschüttungen, die um ein vielfaches höher sind als jene bei natürlichen Verhaltensweisen. Bei Pornografie oder beispielsweise Glücksspiel wird nicht so viel Dopamin ausgeschüttet, aber immer noch mehr als es natürlich der Fall wäre.
Diese unnatürlich hohen Dopaminspiegel sorgen dafür, dass wir dazu konditioniert werden, die Sache zu wiederholen, die dafür verantwortlich war. Das Belohnungssystem hält dann unnatürliche Dinge wie harte Drogen oder Internetpornografie für überlebenswichtig, obwohl sie das natürlich keinesfalls sind. Daher kann in manchen Fällen eine Abhängigkeit von diesen Drogen oder Verhaltensweisen entstehen.
Freund oder Feind?
Es ist hoffe ich klar geworden, dass wir ohne das Belohnungssystem und ohne Dopamin nicht überleben könnten. Dieses System hat uns über Jahrtausende gute Dienste erweisen und macht genau das, was es soll.
Der Übeltäter sind Drogen oder unnatürliche Verhaltensweisen wie Internetpornografie, die das Belohnungssystem überlasten. Das Belohnungssystem und der Neurotransmitter Dopamin sind hier also Opfer und nicht Täter.
Wenn man sich in Internetforen oder Reddit umschaut, könnte man manchmal den Eindruck bekommen, dass Dopamin schädlich ist und man es meiden sollte wie der Teufel das Weihwasser. Wichtig ist es, dass man potentiell problematische Dinge wie Drogen weglässt. Macht man das und setzt sich natürlichen Belohnungen aus, wird sich das Belohnungssystem im Laufe der Zeit wieder regulieren und normalisieren.
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